Samstag, 29. Dezember 2012

Fazit

Das Ziel der Reise habe ich erreicht. Ich konnte mir den höchsten Berg der Welt anschauen und dabei den Himalaya, speziell den Hochhimalaya kennenlernen. Dabei boten sich beeindruckende Bilder.

Man sollte sich diese außergewöhnliche Landschaft auf jeden Fall anschauen. Sie ist allerdings anders als ich es erwartet hatte. Jetzt im November / Dezember zeigt sie sich als trockene, kalte, lebensfeindliche Wüste. Trotzdem würde ich den Trek auf jeden Fall machen, wenn ich ihn noch nicht gemacht hätte. Ein zweites Mal muss ich das aber nicht tun. Auch habe ich keinerlei Verlangen verspürt den Mount Everest zu besteigen. Den höchsten Punkt der Erde gesehen zu haben reicht mir völlig. Das ist gut so, denn es spart mir eine Menge Geld und Anstrengung...

Ich glaube nicht, dass ich mir weitere Treks in Nepal antun werde, auch wenn mit Mustang und der Annapurna Runde zwei sehr verlockende Gegenden auf den Bergwanderer warten. Aber das Trekking bringt nicht halb so viel wie eine Radreise. Man muss viel zu sehr auf den Weg achten und nimmt dann die Landschaft während dem Gehen nicht so intensiv wahr. Außerdem legt man nicht sehr viel Strecke zurück, selbst wenn man schnell geht.

Bei meinen Radreisen habe ich gerade das Aufnehmen der vielfältigen Landschaftseindrücke bei trotzdem deutlich über hundert Kilometern pro Tag sehr genossen. Auch gab es da mehr kulturelle Sehenswürdigkeiten, selbst im Norden Skandinaviens. Da hatte ich mir hier vor allem in Kathmandu mehr erwartet.

Aber gerade Kathmandu ist für mich der Grund Nepal erst mal nicht als erneutes Reiseziel in Betracht zu ziehen. Die Sehenswürdigkeiten der Stadt hat man in einem guten halben Tag besichtigt. Der Rest ist die scheinbar endlose Wiederholung von immer gleichen "Shops" im Touristenviertel Thamel, und auch der Rest ist nicht wirklich besichtigungswürdig.

Das klingt hart, aber wenn ich mir die Bilder in Magazinen anschaue, dann sind die Ausschnitte immer so gewählt, dass man das wahre Kathmandu, das sich dem Betrachter vor Ort zeigt, nicht sieht. Alles in Kathmandu ist unglaublich abgefuckt. Ich habe kein anderes Wort gefunden, das es so treffend beschreibt.

Es ist dort nicht dreckig oder schmutzig, im Rahmen der Gegebenheiten wird gekehrt und gewischt. Wobei die Hotels die für Touristen gedacht sind sicher nicht die Lebensrealität der meisten Einwohner wiederspiegeln. Aber es scheint eine Sorgfalt zu fehlen, die die Vorfahren offensichtlich noch hatten, zumindest kann man es an den historischen Gebäuden erahnen. An diesen Gebäuden kann man auch erkennen, dass diese Sorgfalt nicht mehr vorhanden zu sein scheint.

Vielleicht ist die nepalesische Gesellschaft auch viel ärmer als ich es wahrgenommen habe. Letztlich konnte ich nicht herausfinden wie sich in Kathmandu Arme und weniger Arme, Normalverdiener und vielleicht sogar Reiche zueinander verhalten, welche Gruppe welchen Anteil an der Bevölkerung hat.

Der Reiseveranstalter HFT hat einen mit tiefergehenden Informationen sowieso komplett im Regen stehen lassen. Eigentlich war es genauso, also ob man in Kathmandu bei einer der hunderten kleinen Trekkingagenturen einen Trekkingführer bucht. Nur, dass das schon erledigt war und der Transfer zum Flughafen organisiert war. Sonst habe ich keinen Mehrwert gegenüber dem Selbstbuchen sehen können. Auch, oder gerade, nicht auf dem Trek.

Hier hatte ich mir einerseits mehr Information erwartet, etwas das über das hinausgeht was der übliche Sherpaguide erzählt. Das ist nämlich recht wenig. Andererseits einen Vorteil im Bezug z.B. auf die Unterkunft in den Lodges. Aber auch hier konnte ich keinen Vorteil gegenüber der selbstorganisierten Reise erkennen. Im Gegenteil, der Reiseveranstalter arbeitet wohl üblicherweise mit bestimmten Lodges zusammen, so dass man eher eingeschränkt ist in seiner Auswahl, bzw. ist man der Auswahl des Guides ausgeliefert.

Allerdings unterscheiden sich die Lodges meist kaum. Es gab aber Unterkünfte in denen einem morgens warmes Wasser aus der Küche zur Verfügung stand, während andere den Wasserkanister draußen einfrieren ließen, so dass man gar kein Wasser zur Verfügung hatte. Oft war der Ofen im Gemeinschaftsraum unterdimensioniert und wurde erst spät (16 Uhr oder später) befeuert und früh ausglühen lassen.
Das liegt nicht nur an den knappen Ressourcen sondern eben auch an den Menschen die die Lodge betreiben. Das teils Plastik im Ofen verbrannt wurde passt in dieses Bild.

Ich hatte eindeutig das Gefühl mich nicht nur landschaftlich in einer Wüste aufzuhalten, sondern auch kulturell. Vielleicht liegt es daran, dass die Menschen zu sehr mit dem Überlebenskampf beschäftigt sind. Aber das etwas enttäuschende Sherpa Museum oberhalb von Namche und die dünne Information der Sherpa Guides (weder hat mein Guide mich auf die italenische Forschungsstation in der Nähe von Lobuche hingewiesen, noch auf die Gedenkstätte für die verstorbenen Bergsteiger (auf meine Frage was das sei sagte er "ein Friedhof", was sogar falsch ist)).

Keine Angaben zur geschichtlichen Entwicklung des Landes, der Treks, der Sherpa, keine Angaben zu der Eroberung der Berge, keine Angaben zur Entwicklung des Tourismus hier und der Auswirkungen auf die Natur oder die Menschen die dort leben oder gar zur Hippiezeit, die ja durchaus Spuren in der nepalesischen Gesellschaft hinterlassen hat (und den heutigen Touristien die Bakeries hinterlassen hat). Jegliche Form des Nachdenkens über das was wir da tun schien komplett zu fehlen, bei den Guides vor Ort und auch vom Veranstalter kam da gar nichts. Das kenne ich aus anderen Gebieten die ich schon bereist habe anders.

Insofern war ich etwas enttäuscht.  Ich reise ja nicht irgendwo hin um absichtlich besonders "basic" zu reisen, es ist albern in einer Bretterbude zu hausen, wenn nebenan ein Hotel steht. Es ist völlig ok in einer Bretterbude zu hausen, wenn es nur Bretterbuden gibt. Und vom Veranstalter erwarte ich, einen Mehrwert gegeüber der selbst organisierten Reise, vor allem Informationen über Land und Leute, vor allem tiefergehende Informationen die man sich selbst nur schwer besorgen kann.

Aber das heißt nicht, dass ich von der Reise insgesamt enttäuscht war. Im Gegenteil. Die Menschen waren durchweg freundlich und vor allem gastfreundlich. Man hatte das Gefühl als Tourist dort willkommen zu sein. Obwohl man spürbar in Asien unterwegs war, war die Freundlichkeit offen und ehrlich. Und wenn es keinen Platz für Freundlichkeit gab, dann wurde sie nicht gespielt, sondern der Unfreundlichkeit freier Lauf gelassen. Das ist für einen Europäer, besonders einen in Deutschland aufgewachsenen Europäer gut zu handhaben...

Die kulturelle Leere war allerdings auch in Kathmandu zu spüren. Ich führe das einerseits auf mangelnde Ressourcen, sprich Armut zurück, andererseits auf die kindliche Religösität und eine prinzipielle Nachlässigkeit. Es gibt scheinbar nichts wirklich hochwertiges, sorgfältig gefertigtes, was eine Nachhaltigkeit oder den Glauben an die Zukunft symbolisieren würde. Aber dieses Urteil ist möglicherweise vermessen nach einem Besuch und nur einer Woche in Kathmandu. Vielleicht gibt es das dort. Ich habe es aber nicht gefunden.

Das alles überstrahlende, was diese Tour aber zu einem Erfolg für mich werden ließ war das Erlebnis der Bergwelt des Hochhimalaya. Bei meinen Berichten zu Hause habe ich erst realisiert, wie mächtig dieses Erlebnis war. Wenn ich anderen Menschen die Bilder gezeigt habe konnte ich sehen, dass die nicht den Hauch von dem nachvollziehen können was man dort vor Ort erlebt. Es ist mir auch nicht wirklich gelungen das mit Worten nachvollziehbar zu machen.

Dadurch gehöre ich nun zu einer priviligierten Minderheit von Menschen, die diese spektakuläre Landschaft erleben durfte. Die den höchsten Punkt der Erde sehen durfte. Nur kann ich andere nicht daran partizipieren lassen, da man es mit Bildern und Worten eben nicht vermitteln kann. Ähnlich ging es mir mit meinem Besuch der antarktischen Halbinsel. Das ist etwas frustrierend, stellt vielleicht sogar den Sinn dieses Blogs in Frage. Ich habe allerdings zur Vorbereitung selbst andere Blogs genutzt, so dass es hoffentlich trotzdem nützlich ist, zumal ich doch eine etwas andere Sicht auf Land und Leute habe als die meisten der Quellen die ich genutzt habe.

So bleibt für mich als Fazit, dass ich nun eine Bestätigung habe, das Radreisen für mich die beste Art zu Reisen sind. Außerdem habe ich den Mount Everest und das Everest Gebiet mit Lhotse und vielen weiteren fantastischen Bergen gesehen. Meine Knie haben durchgehalten, ich bin nicht höhenkrank geworden und, soweit sich das bis jetzt sagen lässt, kerngesund wiedergekommen.
Allerdings habe ich schon am "Kulturschock" Kathmandu zu knabbern gehabt. Außerdem habe ich eine lebensfeindliche Gegend kennengelernt. Genauso wie eine spektakulär schöne Gegend. Mein Geruchssinn war, und mein Geschmackssinn ist noch etwas irritiert. Und Religion ist auch in ihrer sanftesten Form, dem Buddhismus, crazy.

Werde ich nochmal nach Nepal reisen? Nachdem ich nun drei Wochen wieder zurück bin möchte ich das nicht mehr so vehement verneinen, auch wenn ich es für unwahrscheinlich halte.
Würde ich anderen Menschen empfehlen dort hin zu reisen? Wer den Mount Everest sehen will hat ja nur die Wahl zwischen Tibet und Nepal. Es war die Reise auf jeden Fall Wert. Allerdings ohne ein Ziel dorthin zu reisen kann ich mir nicht vorstellen, man braucht einfach irgendeine Motivation sich dieser Gegend zu stellen. Wenn man die hat lohnt es sich, wenn nicht wird man sich dort wahrscheinlich nicht seht wohl fühlen.






Montag, 3. Dezember 2012

Day 16 Kathmandu

Nach 14 Tagen Trekking im höchsten Gebirge der Welt wirkt Kathmandu schockierend. Gestern habe ich mich noch im Schutz des Touristenviertels Thamel bewegt, heute jedoch gilt es die größten Sehenswürdigkeiten in Augenschein zu nehmen und die Atmosphäre der Stadt aufzunehmen.

Dazu habe ich mir einheimische Hilfe geholt. Ist man erstmals hier allein unterwegs, findet man sich erst mal nur schwer zurecht. Außerdem zocken einen die Taxifahrer ab, da hilft ein bisschen Nepali schon sehr.

Zunächst gehen wir zu Fuß zum Tempelkomplex Swayambunath, besser bekannt als „Monkey Temple“. Vom Thamel aus läuft man ca. eine halbe Stunde. Dabei bekomme ich schon viel vom echten oder normalen Kathmandu zu sehen. Eine völlig andere Art zu Leben, ich kann mir das zwar anschauen, so richtig nachvollziehen kann ich es aber nicht.






Am Tempelberg angekommen gilt es einige hundert recht steile Stufen zu bewältigen, aber hier in normalen Höhen, alles easy. Beim Aufstieg wird schnell klar, warum  der Ort Monkey Temple heißt. Dabei sind die Affen eigentlich recht friedlich, von Gibraltar z.B. kenne ich da aber rabiatere Äffchen wenn es um Kekse geht...




Wie oft in Nepal teilen sich Hindus und Buddhisten die heilige Stätte. Eine große Stupa und verschiedene kleine Tempel, dazu viele Souvenirstände und -geschäfte machen die Anlage aus. In Verrücktheit der Rituale stehen die beiden den mir vertrauten Religionen in nichts nach...









Den Blick auf die Stadt, den man von diesem Berg eigentlich haben sollte, kann man kaum genießen, da es um diese Jahreszeit praktisch immer recht diesig ist, so dass man kaum weit blicken kann.


Nachdem wir die Tempelanlage verlassen haben, könnten wir mit dem Taxi zum nächsten Ziel fahren. Für ein Zwanzigstel des Preises stürzen wir uns allerdings ins Abenteuer „Microbus“. Ein kleiner 8-sitziger Toyotabus mit einem „Animateur“, der an den „Haltestellen“ die Leute in den Bus labert wird mit bis zu 30 Menschen beladen. Dabei hupt er sich durch den krassen Verkehr, der nach zwei autofreien Wochen umso chaotischer auf mich wirkt. Achja, natürlich läuft nepalesische Dancefloor Mucke mit doppelter Verkehrslautstärke aus stark übersteuernden Lautsprechern. Wenn man sich in Kathmandu „authenthisch“ bewegen will, ist das mal ein guter Anfang.




Wir fahren auch recht lange, denn unser nächstes Ziel Bodnath ist ein ganzes Stück weg. Ich bin wirklich fasziniert wieviele Personen in den Bus gequetscht werden, und wie gut die Logistik doch funktioniert. Bin aber auch froh, als es endlich vorbei ist, und ich meine Beine wieder ausstrecken kann. Von der Straße in den Rundweg um die riesige Stupa von Bodnath tritt man dann in eine erholsame Ruhe ein. Ein krasser Gegensatz.





Ich nehme mir einige Zeit ein bisschen auf dem Teil herumzulaufen, in einem der „Dachcafes“ zu sitzen und auf die Stupa und die Leute zu schauen, und um den Rundweg abzulaufen und die Souvenierstände zu begutachten.











Dann geht es mit dem Taxi weiter zum Pashupatinath, einer heiligen Stätte der Hindus, wo diese ihre Toten verbrennen. Die Taxifahrt alleine ist schon spektakulär, und immer wieder gibt es neue Seiten von Kathmandu zu sehen. Dabei wuselt es immer von Händlern und Geschäften, die ähnlich wie die Suks von Fes und Marrakesh in Marokko angeordnet sind. Oft auch thematisch sortiert, also z.B. alle Möbelhändler und Metzger überwiegend in einer Straße usw.






Die Hindus wirken auf mich noch etwas freakiger als die Buddhisten und Christen die ich kenne. Das sieht man im Pashupatinath wenn diese dort opfern oder einfach diesen Ort besuchen und sich dort fotografieren lassen. Wie in ganz Kathmandu treffen hier „normal“ lebende Menschen und offenbar sehr arme Menschen direkt aufeinander. Krass sieht man das bei der Verbrennungsstätte. Zum einen werden die unterschiedlichen Schichten an unterschiedlichen Orten verbrannt, zum Anderen sieht man wie die Menschen die Reste der verbrannten und damit gen Himmel geschickten Toten verwerten, und die Sachen aus dem Fluss fischen, die sie noch gebrauchen können.











Es wirkt ein bisschen komisch, als Tourist bei einer Beerdigung dabei zu sein, trotzdem filme ich alles mit. Zum Glück rieche ich so wenig, so dass ich den Geruch von verbranntem Menschenfleisch nur ahnen kann.

Nachdem wir an einigen Souvenirständen vorbei wieder auf der Hauptstraße angelangt sind geht es mit dem Taxi in Richtung Basantapur und Durbar Square. Hier gibt es mit die ältesten Gebäude Kathmandus und z.T. ganz Nepals zu sehen. Teils mit tollen Holzarbeiten. U.a. auch die zum Köngispalast gehörigen Gebäude und das Haus der Kumari.











Zunächst steigen wir aber noch die 213 Stufen auf den Dhalahara Tower hinauf. Von hier hat man eine super Aussicht über die Stadt, soweit die immer noch etwas diesigen Verhältnisse es zulassen. Herrlich, ich genieße die Aussicht, nutze nochmal die Panoramafunktion des iPhone, und bin erstaunt wie lässig die Knie die Treppen auch wieder hinab laufen.








Über den Durba Square geht es dann an o.g. historischen Gebäuden vorbei wieder in Richtung Thamel.



















Noch einmal kann ich die Atmosphäre der Stadt voll und ganz aufnehmen. Man kann es positiv als „pulsierend“ beschreiben oder negativ als „chaotisch“. Vielleicht auch als überschäumend vor Leben oder eben als teils schmutzig, ärmlich und abstoßend. Um das wirklich zu erfassen muss man wohl einige Zeit hier verbringen. Das habe ich bestimmt nicht vor. Jedenfalls gönne ich mir nach dieser anstrengenden Tour erst mal etwas Ruhe bei einer Tasse Milchkaffee...